Aesculap Meilensteine
1867-1887
1867
Gottfried Jetter, der Firmengrunder, hat sich in den Zentren der Medizintechnik umgesehen und beginnt nach seiner Ruckkehr im heimischen Tuttlingen mit der Herstellung chirurgischer Instrumente in seiner Werkstatt.
1874
Jetter ist nicht der Erste, der chirurgische Instrumente in Tuttlingen herstellt, aber er nutzt die Chancen seiner Zeit und produziert sie in größeren Stückzahlen. Die junge Firma „Gottfried Jetter Fabrik chirurgischer Instrumente“ gibt eine erste Preisliste mit 172 Artikeln heraus.
1878
Die Geschäfte gehen gut, ständig muss erweitert werden. Jetter baut ein zweistöckiges Fabrikgebäude, 120 Mitarbeiter stellen die gefragten Instrumente her, eine Dampfmaschine mit 6 PS liefert die Energie.
1887
Jetter setzt auf Familienbande, seine beiden Schwager Wilhelm und Karl Christian Scheerer werden zu Teilhabern. Die Firma heißt nun „Jetter & Scheerer“; Karl Christian Scheerer ist der kommende Mann des Unternehmens.
1889-1918
1889
In Berlin wird die erste Filiale eingerichtet, es folgen weitere in New York (1893) und London (1895). Der Schlangenstab mit Krone wird zum Warenzeichen. Er und der Markenname AESCULAP (ab 1899) werden zu Symbolen für die Qualitätsprodukte der Firma.
1895
Die Firma wird in die „Aktiengesellschaft für Feinmechanik vormals Jetter & Scheerer“ umgewandelt, das Grundkapital beträgt 1,6 Mio. Mark. Das Unternehmen steigt in die oberste Liga der württembergischen Industrie auf und gilt weltweit als einer der führenden Hersteller chirurgischer Instrumente – bis heute!
1898–1899
Der damals führende Architekt für Industriebauten, Philipp Jakob Manz, entwirft und baut das heute noch genutzte historische Werksareal beim Tuttlinger Bahnhof – modern, solide, preisgünstig und schnell. Manz wird zum Hausarchitekt der Firma und baut auch die Villa von Kommerzienrat Scheerer und verschiedene Arbeiterhäuser.
1914–1918
Im Ersten Weltkrieg stellt die Firma auch Kriegsmaterial her. Zum 50. Jubiläum 1917 nennt sie sich „Größte Waffenfabrik des Friedens im Weltkrieg“. Die Geschäfte gehen gut, das Werksareal wird bis 1923 großzügig ausgebaut.
1922-1939
1922
Der „Illustrierte Hauptkatalog“ enthält auf 2.848 Seiten mit zehntausenden Artikeln vom Brutschrank über den Garderobenhaken für den Arztkittel bis zum Leichentransportwagen alles, was im weitesten Sinne im Gesundheitsbereich Verwendung findet – und natürlich chirurgische Instrumente aller Art und für jede Disziplin.
1930–1932
Nach einem Zwischenhoch in den zwanziger Jahren mit einer Exportquote von 73 % brechen in der Weltwirtschaftskrise die Märkte weg. Die Mitarbeiterzahl muss von knapp 1.800 auf 1.100 und die Wochenarbeitszeit von 48 auf 36 Stunden gesenkt werden.
1932
Der Firmenpatriarch Kommerzienrat Karl Christian Scheerer tritt zurück, er hat das Unternehmen geprägt und groß gemacht, seine Söhne Fritz und Hans Scheerer übernehmen die Leitung.
1935–1939
Langsam erholt sich die Firma wieder, die Exportquote sinkt jedoch ab. Die nationalsozialistische Regierung rüstet auf und kauft Instrumente für die Sanitätseinheiten des deutschen Militärs.
1939-1970
1939–1945
Die Firma wird zum Rüstungsbetrieb und stellt neben den traditionellen Produkten wieder Kriegsmaterial her. Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene werden für die vielen zum Kriegsdienst eingezogenen deutschen Mitarbeiter eingesetzt. Die Firma wird bei Kriegsende von französischen Truppen besetzt und viele ihrer Maschinen werden demontiert. In den 1990er Jahren engagiert sich Aesculap stark bei der Entschädigung der Zwangsarbeiter.
1955
Nur schwer fasst die Firma nach dem Krieg wieder Tritt. Sie beschäftigt zwar 1.500 Menschen, doch sie durchläuft eine lange Stagnationsphase mit niedrigen Erträgen, wenigen Investitionen und kaum Innovationen. In dieser Zeit etabliert sich die Konkurrenz am Standort Tuttlingen verstärkt. Aesculap muss ums Überleben kämpfen.
1967
Die Firma kann ihr 100-jähriges Bestehen feiern, auch wenn sie im Jahr zuvor mit 1.184 den Tiefststand bei der Beschäftigtenzahl erreicht hat. Mit Hans Scheerer verlässt das letzte Mitglied der Gründerfamilien die Geschäftsleitung.
ab 1970
Es geht langsam wieder aufwärts – mit dem Einstieg in die Produktion von Hüftimplantaten, den Neuentwicklungen wie dem Sterilcontainer (1971), den Innovationen in der Neurochirurgie, bei der die Firma zu einem der führenden Hersteller weltweit aufsteigt, und durch den Einstieg in die Hochfrequenzchirurgie.
1973-1982
1973
Als Reaktion auf Billigprodukte aus Pakistan eröffnet Aesculap in Georgetown, Malaysia, eine Produktionsstätte, wo Aesculap-Instrumente in der bekannten Tuttlinger Qualität hergestellt werden. Mit Bau 19 entsteht der erste Neubau am Standort Tuttlingen seit den 1920er Jahren.
1976
Der Aufbruch wird sichtbar: Die im Zweiten Weltkrieg aufgebrachte Tarnfarbe an den Fabrikgebäuden wird nach und nach entfernt, die Firma bekennt sich zu ihrem historischen Standort, der umfangreich erneuert wird. Erstmals überspringt der Aesculap-Umsatz die 100-Mio-Mark-Marke. B. Braun Melsungen AG wird Mehrheitsaktionär.
1977
Mit dem Eintritt des jungen Michael Ungethüm in das Unternehmen wird die Tür zur Wissenschaft aufgestoßen. Das Unternehmen steigert seine Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten erheblich und damit auch seine Investitionen.
1982
Aesculap steigt mit der Entwicklung von Arthroskopie-Instrumenten in die minimal-invasive Chirurgie ein. Die Firma entwickelt und produziert Endoprothesen in Zusammenarbeit mit führenden ärztlichen Kapazitäten verschiedener Fachgebiete der Unfallchirurgie und Orthopädie.
1988-1997
1988
Aesculap AG heißt die Firma nun offiziell. In England werden die renommierten Instrumentenhersteller W. Skidmore und Downs Surgical gekauft. Die Bicontact Hüftprothesen können mit ihrer Plasmapore-Beschichtung zementfrei eingesetzt werden.
1991
Aesculap erwirbt die Mehrheit an der polnischen Firma CHIFA in Nowy Tomyśl, Hersteller von chirurgischen Instrumenten und gründet die Aesculap Suhl GmbH nach dem Erwerb der Medizintechnik Suhl GmbH, heute Produzent und Anbieter von Tierschermaschinen. Aesculap bietet für die minimal-invasive Chirurgie ein Komplettprogramm an.
1995
Eröffnung des Aesculapiums. Mit diesem Wissenschafts- und Kommunikationszentrum beschreitet das Unternehmen neue Wege. Der Dialog mit dem medizinischen Fachpersonal gewinnt einen hohen Stellenwert. Weitere Aesculap Akademien folgen in Berlin (2005), in Bochum (2013) und im chinesischen Suzhou (2016).
1997
Aesculap bringt das Navigationssystem OrthoPilot auf den Markt, das zusammen mit den Endoprothesen die Firma zu einem der führenden Hersteller weltweit in der navigierten Knieendoprothetik macht.
2001-2009
2001
Mit der Benchmark Factory, der ersten großen Produktionsstätte außerhalb des historischen Firmenareals, wird die innovativste Fabrikanlage in der Firmengeschichte in Betrieb genommen. Die Menschen, die hier Implantate herstellen, sollen sich im Wettbewerb von Herstellungskosten, Durchlaufzeiten und Reaktion auf veränderte Marktbedürfnisse stets messen und messen lassen.
2005
Aesculap eröffnet eine Fabrik in der Nähe von Shanghai, dort werden klassische Instrumente produziert. Seit der Jahrtausendwende versteht sich das Unternehmen verstärkt als Dienstleister. So bietet die Aesculap-Tochter SteriLog GmbH Dienstleitungen rund um die Aufbereitung von Sterilgut und Medizinprodukten für Krankenhäuser an.
2007
Erstmals überspringt die B. Braun-Sparte Aesculap die Milliardenmarke beim Umsatz u.a. mit 4 Mio. verkauften Instrumenten, die weltweit 8.000 Mitarbeiter, davon 2.700 in Tuttlingen produzieren.
2009
Der Professor, wie Michael Ungethüm respektvoll genannt wird, der Mann, der jahrzehntelang an der Spitze des Unternehmens stand und es geprägt hat wie kein Zweiter, geht in den Ruhestand und übergibt das Steuerrad an Prof. Dr. Hanns-Peter Knaebel.
2012-2017
2012
Aesculap wächst rasant: Der Umsatz erreicht knapp 1,5 Mrd. Euro. Aesculap erzielt 60 % seines Umsatzes nach wie vor in der traditionellen Instrumentenfertigung. Das könnten die Asiaten auch, sagt der neue Vorstandsvorsitzende Knaebel und setzt noch stärker auf die Dienstleistungssparte. Das 3D-Visualisierungsystem EinsteinVision kommt auf den Markt.
2013
Aesculap expandiert mit einem Fabrikareal westlich seines Traditionsstandorts und baut große Gebäude für Logistik, technischen Service und eine Fabrik für Motoren und Container, um für die neuen Wachstumsmärkte in Asien und anderswo gerüstet zu sein. Gleichzeitig ist diese 72 Mio. Euro-Investition ein klares Bekenntnis zum Standort Tuttlingen, wo ein neu gestalteter Aesculap-Platz das passende Entree in das „Weltzentrum der Medizintechnik“ bietet.
2015
Die B. Braun Sparte Aesculap erwirtschaftet einen Umsatz von 1,7 Mrd. Euro, wovon 128 Mio. Euro wieder investiert werden. Unter dem Dach von B. Braun ist Aesculap verlässlicher Partner für alle Behandlungskonzepte in Chirurgie, Orthopädie und interventioneller Gefäßmedizin. Aesculap Produkte sind ein wichtiger Bestandteil des umfassenden Portfolios des Konzerns und die Chirurgie-Sparte bietet als Systempartner alles aus einer Hand: von der Öffnung, über den Eingriff bis zum Wundverschluss und der Sterilgutaufbereitung. Mit dem ELAN 4 Motorensystem wird das bislang umfangreichste Entwicklungsprojekt von Aesculap zum Abschluss gebracht.
2017
Die B. Braun Melsungen AG feiert das 150-jährige Jubiläum ihrer weltweit angesehenen Chirurgie-Sparte. Aus Gottfried Jetters kleiner Werkstatt mit seinen zwei Mitarbeitern in der Tuttlinger Innenstadt ist ein global agierender Partner der Medizintechnik geworden. B. Braun beschäftigt mittlerweile 58.000 Mitarbeiter weltweit, davon 11.750 bei der Sparte Aesculap, wovon über 3.500 allein in Tuttlingen tätig sind.
Aesculap-Vorstand seit April 2017: Dr. Joachim Schulz, Vorstandsvorsitzender und Dr. Jens von Lackum (rechts).